Von Laura Farag Kategorien: Haushalt & Wohnen 20. Dezember 2021, 08:00 Uhr
„Wo dein Teppich liegt, da ist dein Heim“, lautet ein persisches Sprichwort. Doch in der Teppich-Industrie hat sich in den letzten Jahrzehnten viel geändert. Wir stellen dir faire Teppiche, neue Trends wie Recycling-Teppiche und interessante Naturmaterialien vor und erzählen obendrein ein wenig von der Geschichte der Teppichknüpferei.
Teppiche sind geräuschdämmend, wärmen unsere Füße und sehen schön aus. Doch bei der Auswahl eines Teppichs gibt es einiges zu beachten, schließlich hält ein guter Teppich mindestens ein Leben lang und faire, robuste Teppiche sind nicht gerade günstig.
Vorab: Billige Teppiche sind oft mit giftigen Chemikalien gefärbt und werden unter fragwürdigen Arbeitsbedingungen geknüpft. Bei tierischen Produkten wie Schafwollteppichen solltest du unbedingt auf eine artgerechte Tierhaltung achten, um Tierleid auszuschließen.
Wir haben zwar leider keine fliegenden Teppiche gefunden, die wir dir empfehlen können, dafür aber faire, vegane, recycelte und sogar Korkteppiche.
Zu den ungewöhnlichsten Trends in der Teppichbranche gehört der nun schon mehrere Jahre anhaltende Vintage-Trend. Teppiche, die abgetreten, ausgefranzt und verbleicht sind, dabei aber neu. Wir finden: Wer den Vintagelook schön findet, sollte sich lieber einen gebrauchten Teppich kaufen.
Aktuell ist zum Beispiel ein guter Zeitpunkt, um recht günstig an Perserteppiche zu kommen. In der Generation unserer Großeltern (die Anfang des letzten Jahrhunderts geboren wurden) galt der Perserteppich als Inbegriff der gehobenen Wohnkultur und zudem als Geldanlage. Nun haben Kinder und Enkel diese Teppiche reihenweise geerbt – und niemand will sie.
Die Qualität ist daran nicht schuld. Im Gegenteil: Die handgeknüpften Prachtwerke haben auch nach 50 Jahren noch einen wunderbar weichen Griff und ihre Farben und Muster behalten. Stattdessen sind es eben genau die Farben und Muster, die gerade jetzt nicht dem zeitgenössischen Geschmack entsprechen. So ist das aktuelle Angebot an dicken Orientteppichen, für die damals gut und gern über 10.000 D-Mark bezahlt wurden, größer als die Nachfrage.
Falls dir persönlich Perserteppiche gut gefallen, ist jetzt also ein guter Zeitpunkt zum Kauf. Finden kannst du diese Teppiche zum Beispiel bei Naim Traiding aus Hamburg. Hier gibt es gebrauchte Orientteppiche in Wohnzimmergröße schon für unter 1.000 Euro. Das Unternehmen betreibt selbst eigene Knüpfereien im Iran, kann Teppiche auch reparieren und reinigen und verpflichtet sich nach eigenen Angaben zu einer fairen Produktion (ohne Kinderarbeit) und fairem Handel.
Innenarchitekt:innen wissen: Zum Beginn der Beratung kommen den Kund:innen die ausgefallensten Ideen in den Kopf – und am Ende landen sie doch beim Normalen. Und das ist meist auch das, was sie ursprünglich kaufen wollten.
Ein veganes Naturprodukt ist Sisal, das aus den Fasern der Agavenpflanze gewonnen wird. Für Teppiche bringt es gleich eine Reihe von Vorteilen mit: Es ist besonders robust, verträgt wechselnde Luftfeuchtigkeit, ist wärmeisolierend und antistatisch. Sisalteppiche sind auch für Fußbodenheizungen geeignet und passen gut unter Bürostühle mit Rollen.
Zudem lässt sich Sisal leicht färben, weshalb es die Sisalteppiche von Allnatura in vielen frischen Farben gibt. Hergestellt werden sie in Deutschland. Der Kuschelfaktor ist bei dem 0,6 cm dicken Sisalteppich zwar nicht so hoch – ideal sind dieser Teppich aber, wenn du einen schönen Bodenbelag fürs ganze Jahr suchst. Auch als robuster Läufer für die Küche oder den Flur ist Sisal eine tolle natürliche Wahl.
Größen: 67 x 133 cm / 80 x 160 cm / 133 x 190 cm / 170 x 230 cm / 200 x 290 cm
Preis: 57,90 Euro / 79,90 Euro / 149,00 Euro / 219,00 Euro / 329,00 Euro
Lies auch: Sisalteppich reinigen: Mit diesen Hausmitteln wird er wieder sauber
Die David Fussenegger Textil GmbH aus Österreich fertigt seit mehreren Generationen Textilien aus Baumwolle und hat ein großes Bewusstsein für Nachhaltigkeit. Der Teppich „Marokko“ mit Ethno-Muster in naturweiß-dunkelgrau besteht zu 100 Prozent aus Recycling-Baumwolle. Für diese werden Baumwollreste aus der Produktion wiederverwertet, was Umwelt und Ressourcen schont.
Schön sind auch die klassischen Fransen. Die kalten Füße wärmt der Baumwollteppich allerdings nur ein kleines bisschen, stattdessen dient dieser Teppich in erster Linie einem dekorativen Zweck und schont den Boden darunter.
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Das klassische Material für Teppiche ist Schafwolle. Beim Kauf eines Teppichs aus Tierwolle solltest du darauf achten, welche Angaben der Hersteller zur Tierhaltung macht. Qualvolle Praktiken wie Mulesing etwa sollten explizit ausgeschlossen sein. Lies dazu auch: Nachhaltige Wolle: Das musst du wissen
Die Schafwolle wird zur Teppichherstellung entweder geknüpft – je mehr Knoten pro Quadratmeter desto hochwertiger – oder gewebt. Bei Webteppichen ergibt sich allein durch die Webstruktur bereits ein Muster. Insbesondere dann, wenn wie beim Deichschaf-Teppich von Hessnatur dick gewalkte Stränge verwebt werden.
Die verwendete Schurwolle stammt von Deichschafen aus Norddeutschland. Diese spielen eine wichtige Rolle beim Küstenschutz, da sie die Grasnarbe kurzhalten und den Boden festtreten. Die Teppiche werden von Hand gewebt und sind ca. zwei cm dick.
Größen: 70 x 140 cm / 120 x 180 cm / 140 x 200 cm / 200 x 300 cm
Preis: 399,95 Euro/ 869,95 Euro / 1.129,95 Euro / 2.319,95 Euro
Ein weiteres interessantes Material für Teppiche ist Kork. Die Korkeiche ist der weltweit einzige Baum, dessen Rinde man am lebenden Stamm ernten kann. Kork ist erneuerbar, recyclebar, biologisch abbaubar und somit sehr umweltfreundlich.
Corkando will mit seinen Korkteppichen nach eigener Aussage „eine ganz neue Sichtweise“ auf diese Teppichart schaffen. Denn auch wenn Kork nicht flauschig ist, ist es elastisch, angenehm fußwarm und schalldämmend. Der Kork stammt aus Portugal, die Teppiche werden in der eigenen Werkstatt in Hagen (Nordrhein-Westfalen) entworfen und hergestellt. Sie sind in vielen verschiedenen Farben verfügbar, mit und ohne Muster.
Größen: Erhältlich in 14 verschiedenen Größen
Preis: ab ca. 36 Euro (50 x 80 cm)
Kaufen**: bei Etsy oder Avocadostore
Ein relativ neues Material für Teppiche ist Recycling-PET. Hierfür werden PET-Flaschen gesäubert, zerkleinert, eingeschmolzen und zu Garn versponnen. Die aus diesem Garn gewebten Teppiche fühlen sich überraschend weich an und sind auch für den Outdoor-Bereich geeignet, da sie sich sehr leicht reinigen lassen und wasserabweisend sind.
Das Modell Indari wird in Indien gefertigt, wobei der Berliner Hersteller Urbanara regelmäßig selbst in die Teppich-Produktionsstätten in Indien reist, Projekte vor Ort unterstützt und mit verschiedenen Zertifizierungsstellen wie Care & Fair zusammenarbeitet, einer Initiative des europäischen Teppichhandels.
Größen: 90 x 130 cm / 140 x 200 cm / 170 x 240 cm
Kaufen**: direkt bei Urbanara oder bei Amazon
Wenn du doch auf der Suche nach einem wirklich weichen Wollteppich fürs Wohnzimmer bist, könnten die drei cm dicken Schafschurwollteppiche des österreichischen Teppich-Herstellers Tisca für dich interessant sein. Laut Tisca sind die handgewebten Teppiche der Respect Serie die weltweit ersten Teppiche, die lückenlos mit dem GOTS-Siegel zertifiziert sind. Lückenlos heißt, vom Schaf selbst über die Färbung und Verarbeitung bis zum fertigen Produkt gelten strenge ökologische Kriterien.
Tisca produziert ausschließlich in Europa, genauer in Siebenbürgen in Rumänien. Eine kleine Außen-Weberei besteht zudem in einem Sozialprojekt im rumänischen Romadorf Tichindeal. Die Teppiche sind in sieben natürlichen Farben erhältlich und werden erst auf Bestellung gefertigt, weshalb die Lieferung einige Wochen dauert.
Größe: Alle Maße zwischen 50 und 600 cm
Wer sich tiefgehender mit Teppichen beschäftigt, wird zwangsläufig auf Jan Kath stoßen. Der Bochumer gehört aktuell zu den bekanntesten Teppich-Designern der Welt und hat unter anderem den roten Teppich für die Hochzeit von Fürst Albert II. und Charlene Wittstock in Monaco entworfen. Du wirst dir die Teppiche aus dem Verkaufsgeschäft in Bochum zwar kaum leisten wollen, der Werdegang Kaths ist dennoch interessant:
Jan Kaths Großvater handelte mit Orientteppichen, seine Eltern führten ein Teppichgeschäft in Bochum. Er selbst steht als Designer für einen radikalen Bruch mit dem klassischen Design. Zunächst waren die traditionellen orientalischen Muster in seinen Teppichserien wie „Erased Classic“ noch zu erkennen, das Muster wurde aber durch pinkes Gekrickel zerstört oder der Teppich sah neu bereits aus wie ein alter Fetzen. Der Vintagelook lässt grüßen.
In seiner neuen Serie „Spectrum“ versucht Kath, das Licht der Nordlichter im Teppich einzufangen. International ist man sich einig, dass die fair gehandelten Teppiche eher Kunst als Handwerk sind. Gefertigt werden sie in monatelanger Handarbeit aus Seide, Wolle oder Brennesselfasern unter anderem in Kathmandu.
Aufmerksamkeit erhielt auch die Teppich Serie „Qashqai meets Bauhaus“ von Zollanvari aus der Schweiz. Sie wurde 2020 mit dem International Carpet Design Award ausgezeichnet. Qashqai-Teppiche sind traditionelle Teppiche, die von Nomad:innen aus dem Südwesten von Persien gefertigt werden.
Bei Zollanvari werden traditionelle Perser-Motive wie der Löwe und der Pfau nach Geometrie-Studien von Josef Albers zu abstrakten Formen wie Dreiecken und Quadraten. Somit lebt die Tradition zwar weiter, sieht aber komplett anders aus.
Außer Jan Kath und Zollanvari kennen viele Teppichfans Nani Marquina aus Barcelona. Ihre Teppiche werden weltweit in 30 Niederlassungen verkauft und symbolisieren den zeitgemäßen Geschmack. Weitere Inspirationen für deinen Teppich findest du in der Shortlist zum Best International Carpet Design Award 2021 im Cover Magazin.
Egal, welchen Teppich du dir anschaffst, es kann schnell mal ein Fleck darauf landen. Als Soforthilfe lies am besten: Teppich reinigen: Hausmittel statt Chemie
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Schlagwörter: Einrichten Textilien Wohnen